Ein Blick auf uns
Wir setzen uns mit unserer Rolle des „Helfens“ auseinander
I love hope – wir lieben Hoffnung! So lautet unsere Kampagne. So ist unser Wunsch. Und so fasst sich unsere Motivation zusammen, ehrenamtlich für den Freundeskreis St. Peter ́s Child Care zu arbeiten. Wir hoffen, durch unser Engagement einen Teil zu einer gerechteren Welt beitragen zu können. Was aber, wenn unser Engagement anderen Menschen mehr schadet als nützt? Was, wenn unser Bemühen um Gerechtigkeit ungerecht ist? Wir wissen, wie wichtig das Geld ist, das wir aus Deutschland nach Südafrika überweisen. Doch entstehen bei den Menschen in Deutschland durch unsere Spendenaufrufe nicht bestimmte Bilder vom Leben in Johannesburg, in Südafrika, auf dem ganzen Kontinent Afrika? Und – wenn ja, welche sind diese?
Wir, der Freundeskreis St. Peter’s Child Care, werden uns über die Wirkung unserer Arbeit in Deutschland bewusst. Diese Überlegungen sind uns ein wichtiges Anliegen, daher möchten wir sie mit unseren Freunden, Unterstützerinnen, anderen Organisationen und nicht zuletzt unseren Partnern in Südafrika teilen.
Wer sind wir? Was wollen wir erreichen? Aus welchen Motiven heraus engagieren wir uns? Gibt es auch Schattenseiten unseres Engagements? Welche Denkmuster reproduzieren wir in unserer Öffentlichkeitsarbeit? Diese Fragen drängen sich auf: mal mehr, mal weniger, bei manchen Mitgliedern stärker, bei anderen schwächer.
Unser Selbstverständnis
„Wenn wir diesen Kindern nicht helfen, dann ist der Kontinent Afrika verloren.“ Mit diesen Worten wirbt Moderatorin Carmen Nebel in einem ZDF-Clip für Spenden an St. Peter’s Child Care. Traurige Kindergesichter werden gezeigt, melancholische Streicher untermalen die Stimme des Erzählers. Der Video-Clip kam in Deutschland zunächst gut an. Das ZDF fliegt nach Südafrika, um unser kleines Projekt zu filmen. Welch eine Ehre für uns! Brot für die Welt wirbt am Beispiel von St. Peter ́s Child Care für seine Arbeit. Welch eine Auszeichnung für die Mitarbeitenden! Doch mittlerweile sehen wir das Werbe-Video mit anderen Augen. Was machen diese Aussage und diese Bilder mit uns?
In Deutschland sind wir sehr an die Werbeflut von Hilfsorganisationen gewöhnt. Die Rhetorik in solchen Video-Clips oder auf Spendenpostkarten ist uns so vertraut, dass wir nicht mehr richtig hinschauen: Die schwarzen Kinder werden erst glücklich gezeigt, sobald sie sicher in den Händen der weißen Helfenden gezeigt werden. Uns wird suggeriert: Nur durch uns deutsche Spendende haben die Kinder in Südafrika eine Chance. Wir wissen zwar, dass unser Geld unabdingbar für St. Peter ́s Child Care ist, aber wir wissen auch um die Grenzen unserer Hilfe: Ohne die Menschen, die in Südafrika für St. Peter ́s Child Care arbeiten, wäre unser Geld hilflos. Wir wollen
die Mitarbeitenden in ihrem Engagement gegen die Auswirkungen von HIV/AIDS unterstützen. Wir glauben daran, dass die Arbeit der Menschen vor Ort in Johannesburg nachhaltig und sinnvoll ist. Deswegen engagieren wir uns im Fundraising für das Projekt.
St. Peter ́s Child Care liegt uns am Herzen. Ein großer Teil des Freundeskreises hat in dem Projekt in Johannesburg selbst mitgearbeitet. In dieser Zeit haben wir eine persönliche Beziehung zu den Kindern und den Mitarbeitenden, zu der Stadt und ihren strukturellen Problemen aufgebaut. Hieraus ist der Wunsch gewachsen, gemeinsam mit den Mitarbeitenden in Südafrika sich nach unseren Möglichkeiten für das Projekt einzusetzen, unabhängig von unserer Hautfarbe und Nationalität.
Den versteckten Kolonialismus beenden
In den letzten Jahren hat sich eine Debatte entwickelt, die sich mit rassistischen und kolonialen Strukturen in der Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt. Auch wenn Engagement gut gemeint ist, kann es implizit typische, eurozentristische Denkstrukturen bestärken. Dass mit dem Stichwort „Afrika“ meist Hunger, Armut, Krise und viele andere negative Zuschreibungen assoziiert werden, betrifft unser aller Denken, da wir in der „nachkolonialen“ Zeit durch Bilder und Geschichten aus dem „hilfebedürftigen Afrika“ in den Medien geprägt sind. Unsere Verantwortung ist es, innerhalb unserer Arbeit diese Stereotypen z.B. für Werbung nicht zu benutzen, sondern möglichst authentische Bilder zu vermitteln. In Bezug auf die Kinder bei St. Peter’s Child Care wären dies viele sehr „normale“ Konnotationen: „Kein Bock auf Hausaufgaben, ich will spielen“, „Iiiih, das mag ich nicht“, „Aufregung vor dem Schulsportturnier“, „Freude bei der Wasserschlacht nach dem Picknick“ und vieles, vieles mehr. Alle Kinder, die wir kennen lernen durften und für deren Leben mit ihren Pflegemüttern wir Geld spenden, sind einzigartig. Genauso wenig, wie es ‚das europäische Kind‘ gibt, gibt es ‚das afrikanische Kind‘. Der schwedische Autor Henning Mankell, der seit Jahren auch in Maputo (Mosambik) lebt und arbeitet, brachte das Dilemma unserer Sicht auf Afrika einmal mit folgenden Worten auf den Punkt: „In Europa wissen wir scheinbar alles darüber wie Afrikaner leiden und sterben. Die wenigsten machen sich aber Gedanken darüber, wie Menschen in Afrika leben.“ In einem Interview fordert er: „Wir müssen den versteckten Kolonialismus beenden.“
Wer sind „wir“
Viele von uns haben eine prägende Zeit ihres Lebens als Freiwillige im Projekt St. Peter’s Child Care in Südafrika erlebt. Was uns verbindet, sind die Begegnungen mit Menschen in Johannesburg, die intensiven Momente, die wir mit den Kindern und Mitarbeitenden im Projekt erlebt haben.
Hätten wir unseren Freiwilligendienst nicht in Südafrika, sondern irgendwo in Deutschland gemacht, würden wir heute vielleicht das Gleiche für das dortige
Projekt tun. Aber wir waren nun einmal in Südafrika und fühlen uns mit St. Peter ́s Child Care verbunden. Weil wir als deutsche Hilfsorganisation für ein Projekt
in Südafrika zwangsweise eine bestimmte Rolle einnehmen, möchten wir einen bewussten Umgang mit dieser Rolle fördern.
Die Mitarbeitenden von St. Peter ́s Child Care in Südafrika haben uns gebeten, den Freundeskreis St. Peter ́s Child Care e.V. in Deutschland zu gründen. Auf ihre Initiative hin begannen wir, um Spenden für das Projekt zu werben. Wir waren froh und dankbar für die Möglichkeit, weiterhin mit dem Projekt verbun den sein zu können. Seither fühlen wir uns als kleinen Teil der Arbeit von St. Peter ́s Child Care.
Was wir an Teamarbeit, Organisation, Kommunikation und Management von dem Projekt in Südafrika gelernt haben, können wir bis heute gut in Deutschland einsetzen, um den Freundeskreis St. Peter ́s Child Care zu strukturieren und zu gestalten.
Was wollen wir
Wir verstehen den Freundeskreis St. Peter’s Child Care als Plattform, um
- unserer Verbundenheit mit dem Projekt Raum zu geben.
- das in unseren Augen förderungswürdige Konzept von St. Peter ́s Child Care zu unterstützen.
- untereinander und mit dem Projekt in Südafrika in Kontakt zu bleiben.
Daher ist uns wichtig:
- St.Peter’s Child Care ist ein von Südafrikaner_innen initiiertes Projekt.
- Der Freundeskreis St. Peter’s Child Care e.V. nimmt keinen Einfluss auf die operative Durch führung des Projektes.
- Wenn wir in Deutschland für Spenden werben, wollen wir die Kinder insbesondere auf Fotos nicht als hilfsbedürftig inszenieren, sondern sie so zeigen, wie sie sind: junge, heranwachsende Menschen. Dennoch sind wir uns bewusst, dass wir als so strukturierter Verein nicht aus dem kolonialen Muster heraustreten können – die
Hilfsbedürftigkeit der Kinder ist Grundlage der Existenz und Arbeit des Freundeskreises St. Peter’s Child Care e.V. - Wir wollen andere Organisationen und Menschen für ihren Umgang mit stereotypen Vorurteilen und Denkmustern sensibilisieren.
- Wir wollen in Deutschland auf die Auswirkungen des HI-Virus aufmerksam machen.